Im Laufe der Kirchengeschichte hat der Körper des Menschen (in der Bibel als „Leib“ bezeichnet) unterschiedlichste Wertungen und Behandlungen erfahren. Es gab Zeiten und Kreise, in denen der Leib und die damit verbundenen Triebe aufs gröbste verherrlicht und ausgelebt wurden, während es Gruppen gab, die alles „Leibliche“ als fleischlich und sündig auslegte und den Leib aufs äußerste kasteite. In zwei Artikel möchte ich ausarbeiten,
- Was in der Bibel gemeint ist, wenn von „Leib“ oder „Fleisch“ gesprochen wird.
- Was es bedeutet, den Leib Gott hinzugeben.
Einleitung
Der Leib des Menschen ist zuallererst der sichtbare Körper und „Sitz des irdischen Lebens“[1]. In der Komplexität der biblischen Ursprachen liegen dem schlichten Wort „Leib“ mehrere Begriffe zugrunde und ist deswegen nicht leicht von anderen Begriffen abgrenzbar.
Im hebräischen liegt zuvorderst בּשׂר (basar[2]) der Übersetzung des Begriffes „Leib“ zugrunde, was aber je nach Übersetzung mit „Fleisch“ wiedergegeben wird[3]. Aber auch גּויּה (gewja[4]), בּטן (beten[5]) und מעה (me’e[6]) werden mit Leib übersetzt und beschreiben zumeist den sichtbaren Körper. In der Verwendung des Begriffes zeigt sich aber, dass oft keine Unterscheidung zwischen Leib und Seele gemacht wird[7]. Bei tieferem Betrachten der Verse kann man erkennen, dass „Fleisch“ mehr die beseelte Substanz oder Stoff beschreibt, „während „Leib“ den wunderbaren Organismus bezeichnet, den Seele bzw. Leib bewohnen.[8]“
Im neuen Testament wird hauptsächlich in den paulinischen Briefen streng zwischen Leib und Fleisch unterschieden. Für Leib wird hauptsächlich σῶμα (soma[9]) wiedergegeben und beschreibt den natürlichen, sichtbaren und neutralen Leib. Für die Übersetzung „Fleisch“ hingegen beschreibt das griechische σάρξ (sarx[10]) den Sitz der Sündenmacht[11] und hat einen weit negativeren Begriff als das Alttestamentliche בּשׂר (basar).
Im zweiten Teil der Ausarbeitung soll erarbeitet werden, wie die Hingabe im Leben des Christen auszusehen hat. Nee sagt zu Hingabe, dass sie „nicht das Ziel eines geistlichen Lebens [ist] sondern lediglich der Anfang [… und] in die Heiligung[12]“ führt. Heiligung ist das Werk Gottes in uns, die Hingabe des Leibes und Lebens soll unsere Antwort darauf sein[13].
In dieser Ausarbeitung soll aufgezeigt werden, wie der gläubige Mensch sein Leib (σῶμα/ soma) aus richtigen Motiven in eine für Gott wohlgefällige Weis hingibt.
Die Bedeutung des Leibes in der Bibel
Die Ursprüngliche Bedeutung des Leibes
Um das Sehnen des Menschen nach der Erlösung von einem sterblichen Körper zu verstehen, muss man in die Zeit der Schöpfung zurückgehen. Nach jedem Schöpfungstag sieht Gott, dass die Schöpfung gut ist[14], aber am Ende des sechsten Tages, nach er Erschaffung des Menschen, sieht Gott, dass es „sehr gut“ (1.Mose 1,31). Wir können deswegen daraus ableiten, dass der Leib des Menschen in seiner ursprünglichen, von Gott geschaffenen Form „sehr gut“ gewesen ist. Betrachtet man weiter, dass die Menschen von dem Baum des Lebens in Mitte des Gartens essen durften[15] und dadurch ewig leben könnten[16] wäre dieser Leib von dem sechsten Schöpfungstag für alle Zeiten dem Menschen zueigen gewesen. Es gäbe demzufolge keinen besseren Leib, auf den der Mensch hoffen bräuchte, weil der bereits geschaffene für die Ewigkeit konzipiert war. Aus diesen zwei Gründen sehen wir, dass der Leib zu Beginn ein ewiges Existenzrecht zugeschrieben bekommen hat. Aus dieser Perspektive sieht man die Sehnsucht nach der Ewigkeit[17] in dem Menschen als eine Sehnsucht nach der ursprünglichen Bestimmung des Leibes. Auch in den Geboten des alten Bundes ist die Verheißung eines langen Lebens bei einhalten der Gesetze ein klares Zeichen dafür, dass „Gott den Leib schützen und erhalten will[18]“. Doch was für die Ewigkeit geschaffen worden ist, überdauerte nicht 1000 Jahre, weil durch den Sündenfall der Leib mit dem Tod bestraft wurde[19]. Die Folge davon ist, dass der Leib zum Fleisch wurde und somit der „wunderbare Organismus“ ist zum Sitz der Sündenmacht entstellt worden.
Wie der Leib zum Fleisch wurde
Besonders im AT findet man oft keine strenge Unterscheidung zwischen Leib und Seele[20], was dazu führt, dass der Leib immer in seiner seelischen Prägung betrachtet wird. Zieht man in Betracht, dass die Seele durch die Verbindung des Geistes mit dem Leib „hervorgebracht“ wurde[21] ist das Wesen des Leibes von dem Geist bestimmt, der in diesem wohnt. Direkt nach der Schöpfung wohnte der Geist Gottes in dem Menschen, nach dem Sündenfall verlor er aber diese Herrlichkeit Gottes und der Geist Satans hat den Menschen in Besitz genommen. Die Folge davon ist, dass der wunderbare Organismus zu etwas Sündigem und Schlechtem geworden ist[22]. Der von dem Geist Satans erfüllte Leib wird von der Bibel mit σάρξ (sarx) bezeichnet und ist in seiner seelischen Prägung zutiefst Sündig. Weil nun in dem Fleisch nichts Gutes ist, ist der Mensch in seiner Verirrung blind und rennt geradewegs in den ewigen Tod[23]. Weil das fleischliche überhandgenommen hat, wird der Leib zum „Leib des Todes“ und der Mensch sollte ausschreien: „Ich elender Mensch! Wer wird mich erlösen von diesem Todesleib?[24]“.
Wie das Fleisch zum Leib wird
Der ungläubige Mensch lebt in seinem für den ewigen Tod bestimmten Todesleib und hat auf nichts anderes zu hoffen, als auf die Vollendung der Sünde, den Tod (Jak. 1,15). Aber die Antwort auf die Verzweifelte Situation wird von Paulus in Römer 7,25 gegeben: „Ich danke Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn!“ Allein Jesus Christus kann durch sein stellvertretendes Sterben und Auferstehen dem Leib seine ursprüngliche Bedeutung zurückgeben und die Hoffnung auf einen besseren, ewigen Leib erfüllen.
Betrachtet man wieder, dass die Seele durch die Verbindung des Geistes mit dem Leib hervorgebracht wurde, hat der Christ durch die Wiedergeburt wieder den Geist Gottes in sich und somit den ursprünglichen Zustand erreicht. Doch leider sind der Leib und die Umwelt heute nicht mehr dieselbe wie damals im Garten Eden. Der Leib ist der Vergänglichkeit unterworfen und kann nicht mehr ewig existieren. Die Umwelt ist von dem Geist Satans geprägt und erfüllt und erzeugt selbst beim Christen sündige Handlungen, sobald der Sünde Zutritt zu dem Geist gewährt wird. Allein bei Jesus Christus sehen wir, dass der Leib, in dem er geboren wurde, in der Fülle des Geistes beständig heilig war und ewig in verklärter Form bis heute weiterexistiert. Deswegen ist das oberste Ziel der Heiligung wie Jesus Christus zu werden[25], der in seinem Leib ohne Sünde lebte. Somit kann das sündige „Fleisch“ schon zu Lebzeiten zum heiligen „Leib“ werden.
In dem nächsten Artikel werde ich mich mit der Frage beschäftigen, wie die rechte Hingabe des Leibes aussieht.
Hilfreiche Literatur
- Nee, Watchman, Der Geistliche Christ. Gesamtausgabe, Verlag Dr. R.-F. Edel, Lüdenscheid.
- Nee, Watchman, Zur Ehre Gottes leben. Schwengler Verlag Berneck, 1978
- Nee, Warchman, In Hingabe leben, 2.Auflage. CLV Verlag Bielefeld, 1998.
- Thiessen Jacob, Biblische Glaubenslehre. Verlag für Theologie und Religionswissenschaft, Nürnberg, 2004
- MacDonald, William, Der vergessene Befehl- seid heilig! 3.Auflage, CLV Verlag Bielefeld, 2001.
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Quellen
[1] Lexikon zur Bibel S. 974, Leib I)
[2] Strong Nr. 1320
[3] Elberfelder 1905 übersetzt basar hautsächlich mit „Fleisch“, während Schlachter 2000 überwiegend „Leib“ liest.
[4] Strong Nr. 1472. Auch mit “Leiche” “Leichnam” “Körper” übersetzt
[5] Strong Nr. 990. Oft mit „Mutterleib“, „Bauch“, „Inneres“ übersetzt.
[6] Strong Nr. 4578. Meistens aber mit „Eingeweide“ übersetzt
[7] Lexikon für Theologie und Kirche, Band 6 S.899, Leib I.
[8] Lexikon zur Bibel S. 974, Leib I)
[9] Strong Nr. 4983. Selten auch mit Leichnam und Körper übersetzt
[10] Strong Nr. 4561. Immer mit Fleisch/ fleischlich wiedergegeben und nie mit Leib
[11] Lexikon für Theologie und Kirche, Band 6 S.900, Leib I.3.
[12] Nee, Der geistliche Christ S.337
[13] Lexikon zur Bibel S. 680 Heiligung, heiligen II)1.) und 2.)
[14] 1.Mose 1,4.10.12.18.21.25
[15] 1.Mose 2,9+16
[16] 1.Mose 3,22
[17] Pred. 3,11
[18] [18] Lexikon zur Bibel S. 975, Leib II)
[19] 1.Mose 2,17
[20] Lexikon für Theologie und Kirche, Band 6 S.899, Leib I.1.
[21] Nee, Der geistliche Christ S.22-23
[22] Thiessen, Biblische Glaubenslehre S.50
[23] Römer 7,18; 6,23
[24] Römer 7,24
[25] MacDonald, Der vergessene Befehl S.7
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